DAS KUNSTFESTIVAL IM SPREEWALD
31. MAI - 27. SEPTEMBER 2025
IN LÜBBEN (SPREEWALD) / LUBIN (BłOTA)

Künstlerinnen und Künstler

in Herford/Westfalen geboren, lebt und arbeitet in Berlin

Nicole Schuck

Bildende Künstlerin, Studium u. a. an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, Meisterschülerin bei Professor John Armleder 2004. Stipendien, Preise, Ausstellungen, Kunst am Bau, Sammlungen und Kollaborationen im In- und Ausland. Schwerpunkte sind die Themen Wildtiere, natürliche und urbane Lebensräume, Ökologie und Biodiversität. Buchprojekt : „Geschätzte Tiere/ Valued Animals“, 2020, Hatje Cantz.

Kunstwerk: "Die Kleisten gerade noch sichtbaren. Makrozoobenthos im Spreewald"

Der Flaggenstoff ist bedruckt mit sieben von Nicole Schuck handgezeichneten Gewässertieren – den Kleinsten gerade noch mit blossem Auge erkennbaren – verschiedener Spezien. Diese Tiere stehen exemplarisch für alle weiteren Lebewesen im Wasser des Spreewaldes. Die Vielfalt wildlebender Kleinsttiere in den ließgewässern gibt Auskunft über die Wasserqualität und ist besonders wertvoll für das Ökosystem : Tierchen des Makrozoobenthos filtrieren das Wasser,
verspeisen organisches Material am Flussgrund und sind Nahrungsquelle für größere Tiere wie Fische.
Im Austausch mit dem Biologen Dr. Reinhard Müller vom Planungsbüro Hydrobiologie, der die Fließe des Spreewalds beprobt, konnte ich diese Organismen näher kennenlernen. Exemplarisch wählte ich aus seiner Artenliste sieben Spezies aus, die einen Einblick in die wunderbare Vielfalt des Unterwasserlebens dort geben. Neben den ökologischen Betrachtungen spielte – neben anderen – der ästhetische Wert eine bedeutende Rolle für meine Handzeichnungen. Ich erkundete zeichnerisch sieben einzelne Subjekte, stellvertretend für ihre Spezies, wie beispielsweise aus der Gruppe der Köcherfliegen, Wasserkäfer und Strudelwürmer.
Die Arbeit ist eine Einladung, sich dem Kleinmaß zuzuwenden – denn Biodiversität beginnt oft dort, wo wir aufhören, hinzusehen.
Die Flaggenmasten mit den Flaggen sind an verschiedenen Stellen entlang der Fliesse auf der Schlossinsel platziert. Auf diese Weise werden die sonst im Gewässer verborgenen Kleinsttiere oberhalb der Wasserfläche wahrnehmbar und rücken ins Bewusstsein der Betrachter:innen. Sie sind Teil einer Multispeziesgesellschaft,
zu der auch wir Menschen gehören – und für das wir Sorge tragen. Der Wind, der die Flaggen bewegt, trägt zudem das Bild eines verletzlichen Ökosystems mit sich. Tag und Nacht sind die Flaggen den klimatischen Verhältnissen ausgesetzt, die sich über die Dauer der aquamediale 16 in den Stoff einschreiben werden : eine Allegorie auf das Ökosystem, das permanent positiven wie negativen Einflüssen unterliegt, die langfristig ihre Auswirkungen zeigen.

Website: www.nicoleschuck.de
Interview mit Nicole Schuck von art-in-berlin

Wladowice/Polen - seit 2018 lebt und schafft Sie in Düsseldorf

Anna Mrzyglod

Bildhauerin und Malerin, Ausbildung am renommierten Lyceum für Bildhauerei in Holz in Zakopane/Polen, Studium an der Schlesischen Fachhochschule in Cieszyn/Katowice, Polen. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland, nominiert für den Staatspreis NRW 2022. Derzeit arbeitet sie aktiv als Bildhauerin in ihrem Atelier in Düsseldorf. Für ihre Holzskulpturen verwendet sie meist das Material Massivholz, das aus dem Fällen von toten Bäumen gewonnen wird.

Kunstwerk: „ Quadratische Bäume“ | „Square Trees“

Das Projekt „Quadratische Bäume“, ist eine ruhende, urbane Waldlandschaft.
Mein Atelier liegt im Wald. Vor drei Jahren waren aufgrund des Borkenkäferbefalls großflächige Baumfällarbeiten notwendig. Allein in der unmittelbaren Umgebung wurden mehr als 300 tote Bäume gefällt.
Dieses dystopische Bild, eines lichter werdenden Waldes, wurde durch den Einsatz schwerer Maschinen noch verstärkt. Das ansonsten idyllisch wirkende Stück Natur, das sich über viele Jahre hinweg entwickelt hatte, wurde innerhalb weniger Tage weitgehend zerstört. So entstand die Idee, an prominenter Stelle einen urbanen Erinnerungswald zu schaffen. Für diese Installation habe ich vormals abgestorbene Bäume verwendet, die in einer kleinen Gruppe angeordnet werden. Mit einer geometrischen, menschengemachten Linienführung habe ich in die ursprüngliche Erscheinung eingegriffen. Dieser Eingriff steht stellvertretend für die rücksichtslose Veränderung der natürlichen Prozesse.
Es ist eine Geschichte über die Zerstörung, Schaffung und Kontrolle der Umwelt und die immer drastischere Störung des Gleichgewichts der Biosphäre. Die wissenschaftlich-technische Revolution hat den Menschen die Bedeutung ihres eigenen Tuns und ihre schöpferische Rolle bewusst gemacht, sie zeigt aber auch die negativen Auswirkungen menschlichen Handelns.
„Quadratische Bäume“ soll das Fehlen dieses Gleichgewichts verdeutlichten und wirft folgende Fragen auf :
Ist ein friedliches und erfolgreiches Zusammenleben von Natur und Mensch überhauptmöglich?
Wie können wir Fortschritte und die Bedarfe einer wachsenden Population in eine vernünftige Symbiose bringen?
Welchen Beitrag kann Kultur dazu leisten?
Auch wenn die Beantwortung schwierig erscheint, können kulturelle Denkanstöße und kritische Begegnungen dazu beitragen, unser ökologisches Bewusstsein anzuregen oder zu schärfen.
Diese kunstvollen Baumleichen sind zu stummen Zeugen des Widerstands gegen die globale Abholzung geworden. Jeder Baum erzählt die Geschichte einer nachhaltig sichtbar gewordenen Metamorphose.

Website: Anna Mrzyglod
Facebook: Anna Mrzyglod
Instagram: Anna Mrzyglod
Interview mit Anna Mrzyglod von art-in-berlin
Dresden

Helene Heyder

1996–2002 Studium der Neueren Deutschen Philologie und Kunstgeschichte an TU/ FU Berlin, 2002-2008 Studium der Malerei/Grafik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden (Diplom), 2010-2014 Meisterschülerin, lebt und arbeitet in Dresden.

Kunstwerk: "Kindheit" | "Childhood"

Auf der diesjährigen aquamediale unter dem Titel „Biodiversität – alles ist mit allem verknüpft“ zeige ich großformatige Zeichnungen, auf denen Kinder zu sehen sind. Die 2m hohen und 1m breiten Holzplatten wurden angeschliffen, mit Holzlasur behandelt und somit Bildträger für vier Kohlezeichnungen. Mit der Zeichenkohle als Medium bleibe ich beim Natürlichen.
Abgebildet sind Kinder aus Lübben, die ich zuvor in der Lübbener Friedrich-Jahn-Schule fotografierte. Alle kleinen Modelle stehen dem Betrachter frontal gegenüber und blicken ihn an.
Wie kam ich auf die Idee, zum diesjährigen Thema der aquamediale Kinder aus Lübben zu zeichnen?
Kindheit ist ein elementarer Teil allen Lebens. Sie steht für Sicherung und Weitergabe des Erbes einer jeden Art, für Transformation und Wachstum. Daher hat der Schutz der Nachkommen absolute Priorität. Alles ist mit allem verknüpft, weil dieser Kreislauf nicht zum erliegen kommt, er immer wieder neu geboren wird.
Die Zeichnungen sind überlebensgroß. Dadurch findet eine Kräfteverschiebung statt : der erwachsene Betrachter wird mit der Kindheit konfrontiert, die im Augenblick mächtiger, größer ist als er selbst in seinem kleinen Kahn. Apropos Kahn : das regional Besondere betone ich durch die Darstellung Lübbener Kinder. Die regionale Besonderheit ist eine der schönsten Stimmen im Konzert der Vielen, sonst klänge alles gleich. Dennoch sind gleich und ungleich, wie bei einer guten Komposition, im
harmonischen Verhältnis zu sehen : Das fotografisch realistische Abbild war mir hier nicht wichtig. Eher das Wesen, das besondere des jeweiligen kleinen Menschen. Diese Attribute bestimmten auch die Art und Weise der Darstellung : der eine ist linear gezeichnet, er ist so keck, ihm genügt die Linie, während die andere geheimnisvoll im tiefen Schwarz verweilt. Aufgestellt sind die Kinderzeichnungen am Ufer zwischen alten und jungen Bäumen.
Geholfen hat mir dabei Tom. Vielen, vielen Dank!

Website: Helene Heyder
Interview mit Helene Heyder von art-in-berlin

Cottbus

Jahna Dahms

Verbindet wissenschaftliches Denken mit künstlerischer Praxis. Sie studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie an der Technischen Universität Dresden sowie Bildende Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Sie ist Meisterschülerin von Eberhard Bosslet. Ihre Arbeit erforscht universelle Verbindungen zwischen Kulturen und Epochen und reflektiert kulturelle und historische Fragestellungen.

Kunstwerk: „ R E L I C S . Von Gold und Wasser geformt“ | „ R E L I C S . wót zlota a wódy formowane“

Zwei Vitrinen stehen nebeneinander im Wasser des Spreewaldes. Jede enthält ein vergoldetes Objekt : schmal, aufrecht und klar strukturiert. Die Formen erinnern an Markierungspfähle oder Grenzzeichen und verweisen zugleich auf archaische Elemente traditioneller Bauweise der Region und insbesondere auch auf sorbische Volkskunst, heidnische Götterbilder, Sagentradition und Brauchtum. Ihre Präsenz im Wasser wirkt wie ein Auftauchen – als wären sie aus der Tiefe emporgestiegen.
Die Objekte sind industrielle Styroporverpackungen. Sie wurden weder verändert noch gestaltet, sondern einzig vergoldet – eine Transformation, die eine neue Lesart eröffnet. Aus einer umfangreichen Sammlung wurden jene Formen sorgfältig ausgewählt, die in besonderer Weise mit der Atmosphäre des Ortes, seiner kulturellen Eigenart und seiner überlieferten Formensprache in Resonanz sind. Ihre Auswahl folgt keiner äußeren Funktion, sondern einer inneren Logik der Stimmigkeit – zwischen Material, Landschaft und kulturellem Gedächtnis. Die Vitrinen selbst sind Teil des Konzepts. Sie rahmen, schützen und inszenieren, ohne sich aufzudrängen. Ihre Position im Wasser macht die Objekte in mehrfacher Hinsicht zu Reflexionspunkten als Spiegelungen kultureller Überlieferung, als Markierungen in der Landschaft und als stille Hinweise auf das fragile Verhältnis von Natur und Kultur. Die Installation ist spezifisch für die Region des Spreewaldes konzipiert.
Sie übersetzt die Idee von RELICS in ein ortsbezogenes Ensemble, das lokale Formtraditionen und kulturelle Narrative aufnimmt und zugleich in ein übergeordnetes System künstlerischer Forschung einbettet : eine Untersuchung über die Dauer von Form, die Lesbarkeit von Material und das kulturelle Erinnern unserer Gegenwart.
Die Serie RELICS untersucht das Konzept einer universellen, interkulturellen Formensprache. Für jede Ausstellung wird sie kontextuell angepasst und in Beziehung zu spezifischen historischen Perioden und kulturellen Räumen gesetzt. RELICS wurde in Museen in Europa sowie in Tempeln, Tempelgärten und Schreinen in Japan gezeigt und entwickelt sich als offene Serie kontinuierlich weiter. Die vorliegende Installation ist Teil dieser fortlaufenden Serie und wurde speziell für den Spreewald entwickelt. Im Spreewald, einer Region mit einzigartiger ökologischer und kultureller Vielfalt, treffen in dieser Arbeit zwei Ebenen der Vielfalt aufeinander : die Biodiversität in der sensiblen Wasserlandschaft und die kulturelle Diversität mit der tief verwurzelten sorbischen Identität. RELICS begreift diese Vielfalt als ein Netzwerk überlieferter Formen, Zeichen und Erzählungen.

Website: Jahna Dahms
Interview mit Jahna Dahms von art-in-berlin

Lawrence/USA - lebt und arbeitet in Kleinmachnow/Berlin und Kirchberg/Tirol, Österreich

Andrea J Grote

Fotografin, Bildhauer- und Installationskünstlerin Studium an der UdK Berlin und Ecole des Baux Arts, Paris 1995 Meisterschülerin der UdK Berlin, Teilnahme an zahlreichen Ausstellungen und Bildhauersymposien im In- und Ausland, Stipendien des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg sowie der Alexander Tutsek-Stiftung für Glaskunst, Studienaufenthalt an der Pilchuck-glass-school, USA.

Kunstwerk: „dependenz – everything depends on everything “

Hier im Spreewald, mit den zahlreichen wasserführenden Kanälen, die das Habitat über viele Jahrhunderte formte, lassen sich ähnlich starke Einflüsse durch den Menschen feststellen wie in den großen Meeren. Scheint es im Spreewald zunächst im „Kleinen“ vielleicht weniger bedrohlich, so sieht die Realität auf den Weltmeeren erschreckend anders aus : Mit den verschiedensten, die Natur massiv schädigenden, Techniken werden Fische, Krebstiere und Säugetiere gejagt. Die Ausbeutung
der Meere stellt ein großes Problem dar, welches die Biodiversität, die Nahrungskette und letztlich die Lebensräume aller zerstört. Auch im Spreewald kann durch vielfältige Umwelteinflüsse, durch Trockenheit, Überdüngung ein Ungleichgewicht entstehen, welches die Lebensvielfalt beeinträchtigt.
Hier wie dort wird mit verschiedenen Netzen und Reusen gejagt. Die Struktur und Form der Reusen, die sich wie große Münder die Unterwasserwelt einzuverleiben scheinen, stehen stellvertretend für den Umgang der Menschen mit der Natur. Der sich nach hinten verjüngende und unentrinnbare Schlund der Reuse zeigt eine Richtung auf, in die wir uns zu entwickeln scheinen.
Durch die Präsenz und Farbe dieser trichterartigen Form, ihrer Verfremdung und Vergrößerung wird die zerstörerische Kraft dieser Fangmethoden und damit unsere Haltung im Umgang mit unseren lebenserhaltenden Ressourcen deutlich.
Wie ein Fremdkörper und rot schimmerndes Ungetüm „lauert“ die Reuse im Wasser und ist auch schon aus der Ferne sichtbar. Sie bezieht sich in ihrer Gestalt auf den Ort, der hier im Spreewald eine „natürliche“ Dramaturgie aufweist :
Kommt der Kahn vom künstlich angelegten Burg-Lübbener-Kanal und fährt in die Petermann-Spree zur Haupt-Spree wird es plötzlich sehr eng, schattig und der schmale Fluss schlängelt sich hier durch den Wald. Links und rechts stehen am Ufer Holzpoller, um die Durchflussgeschwindigkeit zu regeln. Hier kommt man nur langsam mit dem Kahn voran. Die natürlich vorhandene landschaftlich geprägte Verengung steigert die Wirkung der Intervention : Die Kahnfahrenden müssen sich etwas ducken, bedrängt vom Netz, welches sie einzufangen droht. Der Mensch „erfährt“ im sprichwörtlichen Sinne, in dem er in dem Kahn sitzt, geradezu körperlich, eine sich zuspitzende Situation. Er wird Teil der Installation und spürt – ähnlich wie vielleicht die Fische – die bedrohliche Situation, die er aber herbeigeführt und zu verantworten hat.

Website: Andrea J Grote
Interview mit Andrea J Grote von art-in-berlin

Lima/Peru

Samuel Chambi

born in 1983 in Lima, Peru, studied photography at Centro de la Imagen (Lima) in 2006. In 2014, he won the ICPNA Photography Salon award. He has exhibited his work in various countries and art fairs. Since 2021, he has been directing Fisura, an art gallery focused on themes of minorities, racialized artists, and political issues.

Kunstwerk: „rímac : Fragmentierungen eines sprechenden Flusses“ | „Rímac : Fragmentations of the Talking River“

Diese Serie, aufgenommen mit einer Panorama-Filmkamera, bietet eine visuelle Kartografi e des Rímac – jenes Flusses, der die peruanische Hauptstadt Lima durchquert und versorgt. Sie spiegelt die geografi schen und sozialen Brüche wieder, die ihn durchziehen. In jeder Aufnahme zerfällt und formiert sich die Landschaft neu und erinnert nicht nur an das unaufhörliche Fließen des Wassers, sondern auch an die menschlichen und ökologischen Spannungen, die ihn prägen.
Die Arbeit ist als Archiv von Fragmenten aufgebaut, in dem sich das Geografi sche mit dem Sozialen verwebt und die Verletzlichkeit des Flusses gegenüber Verschmutzung, Verdrängung und Prekarität sichtbar wird. Jedes Foto dient in seiner Detailgenauigkeit als Zeugnis für den Verfall und die Widerstandskraft des Rímac, wo Überreste von Urbanisierung und Natur in einem angespannten Gleichgewicht koexistieren. Im Kontext des Festivals aquamediale 16 tritt diese Serie in einen Dialog
zwischen zwei Flussökosystemen : dem Rímac und dem Spreewald. Beide Flüsse, obwohl geografi sch weit voneinander entfernt, stehen vor ähnlichen Herausforderungen im Hinblick auf menschliche Eingriffe und die dringende Notwendigkeit, ihre natürlichen Lebensräume zu schützen.


Instagram: Samuel Chambi
Interview mit Samuel Chambi von art-in-berlin
Monza/Italien

Davide Tagliabue

Artist and maker focusing on ephemeral architecture, design, and sculpture. Graduated in building engineering-architecture at Politecnico di Milano. In 2018-2019, member of the Open Design School in Matera for Matera European Capital of Culture – Since 2020, collaborator with Space Caviar design studio and professionally active in contemporary art, winning among others the 2020 Gabbioneta Sculpture Award. In 2024, guest professor at Kunstuniversität Linz.

Kunstwerk: „The hidden rules of life“ | „la complessita inafferrabile della vita“

„Biodiversität ist ein Konzept, das uns oft entgeht. Die Vorstellung von Arten, ihren Interaktionen und der Rolle, die jedes Teil im größeren Ganzen spielt, entwickelt sich zusammen mit menschlichem Intellekt und Weisheit. Dieses „kreative Bewusstsein“ ist in der Lage, diese Zusammenhänge zu erkennen, auch wenn es nicht immer dazu neigt. Durch den Einsatz von Anamorphose erforscht die Installation die unsichtbaren Verbindungen, die jedes Element der Realität verbinden, und versetzt den Betrachter in die Rolle eines „Suchenden“ nach möglichen Interpretationen. Die Arbeit zielt darauf ab, durch wechselnde Perspektiven aufzuzeigen, wie der richtige Blickwinkel die verborgene Ordnung freilegen kann, die das scheinbare Chaos der natürlichen Welt beherrscht.
Gleichzeitig verwandelt sie den Betrachter in einen aktiven Teilnehmer an der Enthüllung von Bedeutung – eine Präsenz, die durch den Akt der Wahrnehmung neue Zusammenhänge entstehen lässt. Auf der Suche nach den verborgenen Regeln, die das Leben bestimmen, interpretiert der Betrachter nicht nur, sondern nimmt an einem generativen Prozess teil und wird zum Mitgestalter der Erfahrung. Und dabei werden auch sie subtil neu geformt, als ob die Entdeckung dieser Muster auch etwas bisher Unbekanntes in ihnen selbst offenbart.
Das Werk symbolisiert die Komplexität und Verbundenheit des Lebens und regt zum Nachdenken über das Konzept des kreativen Bewusstseins und die innere Einheit des Universums an. Es bietet eine Erfahrung, die gleichzeitig visuell, philosophisch und spirituell ist. Es wirft aber auch die Frage auf, ob die von uns auferlegten Rahmenbedingungen lediglich Schleier sind, die uns daran hindern, zu erkennen, dass Komplexität in ihrer reinsten Form jenseits unserer Reichweite existiert und sich mühelos und ohne Erklärungsbedarf selbst erhält.

Website: Davide Tagliabue
Instagram: Davide Tagliabue
Facebook: Davide Tagliabue
Interview mit Davide Tagliabue von art-in-berlin
Hannover

Gunhild Kreuzer

Performance und Kunst im öffentlichen Raum, Studium Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim, zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland, Stipendien und Preise, Mitglied bei Endmoräne – Künstlerinnen in Brandenburg und Berlin

Kunstwerk: „Aufgetischt“

Das Kunstwerk besteht aus einem Rastplatz für Besucher:innen und einer Futterkrippe für Tiere. Es thematisiert die Verknüpfung von Mensch und Tier und regt zur Reflexion über ihre gegenseitige Abhängigkeit und die Folgen menschlicher Eingriffe in natürliche Lebensräume an.
Wie sieht eine Begegnung auf Augenhöhe aus?
Was kommt auf den Tisch?
Welche Risiken birgt die Nähe zwischen Mensch und Wildtier?
Was bedeutet das Aussterben von Arten für unser eigenes Überleben?
Wie beschleunigen Klimawandel und Lebensraumzerstörung den Verlust der Biodiversität?
„Aufgetischt“ lädt dazu ein, über unser Verhältnis zur Umwelt und unsere Rolle im Erhalt der Biodiversität nachzudenken. Es verdeutlicht die wechselseitigen Verbindungen aller Lebewesen und die Dringlichkeit, die Vielfalt des Lebens zu schützen.
Das Kunstwerk, dessen filigrane Verstrebungen an Äste erinnern, symbolisiert das zerbrechliche Netz des Lebens, das uns alle verbindet. Es mahnt, dass jede Handlung Konsequenzen hat und wir die Verantwortung tragen, diese Welt zu bewahren.
Nur durch ein respektvolles Miteinander mit der Natur lässt sich eine nachhaltige Zukunft sichern.

Website: Gunhild Kreuzer
Interview mit Gunhild Kreuzer von art-in-berlin

Mainz

Christopher Dahm

Sound- und Medienkünstler, Studium der Klangkunst-Komposition und Tontechnik in Mainz und Darmstadt, Ausstellungen mit ortsspezifischen Klang-Installationen & -Skulpturen, 2020-2022 Leitung der Medienlabore im FB Gestaltung der Hochschule Mainz, seit 2022 Professor am FB Design, Informatik & Medien der Hochschule RheinMain.

Kunstwerk: „Biophonic Symphony (Re:Composed)“

Unter der Spreearm-Brücke spannt sich eine interaktive Klangskulptur :
Vier gewölbte Spiegelbleche tragen acht solarbetriebene Lautsprecher. Ein Zugschalter löst bei jeder Aktivierung eine jeweils exakt 30-sekündige Komposition aus. Jede neue Sequenz entsteht aus einem einfachen Zufallsprinzip: An acht von sozialer Interaktion geprägten Orten des Spreewalds wurden Tonaufnahmen angefertigt, mit einem achtkanaligen Spezialmikrofon, dessen Geometrie der Lautsprecheranordnung unter der Brücke entspricht. Bei jeder Aktivierung entscheidet das System für jeden Lautsprecher unabhängig, welchen der acht Ortskanäle es abspielt. Acht Optionen für jeden der acht Lautsprecher ergeben 8⁸ = 16.777.216 mögliche Kombinationen. So erklingt der Raum bei jedem Zug am Schalter in einer anderen Konstellation.
Artefakte des urbanen Lebens verschmelzen mit der natürlichen Klangkulisse des Spreewalds. Die so entstehenden Miniaturen verweben sich mit der natürlichen Akustik des Aufführortes. Die spiegelnden Oberflächen reflektieren – je nach Perspektive – Wasser, Licht, Pflanzen und die Vorbeifahrenden im Kahn, halten den Besucher:innen buchstäblich den Spiegel vor. Der Mensch erscheint als Teil und zugleich Gestalter der Biodiversität. Die autarke Installations-Technik und der Einsatz
erneuerbarer Energie verankern unsere ökologische Verantwortung direkt im Werk. Biophonic Symphony (Re:Composed) lädt dazu ein, die fragile Beziehung zwischen Mensch und Naturraum neu zu überdenken.

Website: Christopher Dahm
Facebook: Christopher Dahm
Instagram: Christopher Dahm
Interview mit Christopher Dahm von art-in-berlin
Rotenburg

Bernhard Schurian

Fotograf, Ausbildung an der Bayerischen Staatslehranstalt für Photographie, Mitbegründer der Agentur „argum“ (München), seit 1990, freischaffend (bis 1994 in Barcelona), 2007 – 2008 Masterstudium bei Stephen Shore (NY), Meisterbrief 2015, seit 2012 tätig am Naturkundemuseum Berlin, nationale und internationale Ausstellungsbeteiligungen und Personalausstellungen.

Kunstwerk: „Aderlaß“ | „Bloodlettinge“

Wir trafen uns für eine Kahnfahrt in den sommerlich warmen Abend hinein auf einem der Fließe nahe Lübben; wurden sanft voran gestakt und konnten mit viel Lachen in guter Gesellschaft den geistlichen Getränken zusprechen. Doch dann fielen in großen scharen Plagegeister aus dem Insektenreich über uns her und aus dem süßen Versprechen wurde ein Jucken und wildes Um-sich-schlagen …
Seit vielen Jahren arbeite ich künstlerisch mit und an Insekten. Sie sind mit ihrer Vielfalt, ihren skulpturalen Formen, ihren Farben, Bewegungen (allein schon dieser Aspekt könnte Seiten füllen) und ihrem Verhalten das Zentrum meiner Neugier. Beruflich bin ich in eine naturkundliche Institution eingebunden, was eine fruchtbare Schnittmenge von Kunst und Wissenschaft erzeugt.
Insekten sind ein zentraler Bestandteil der Biosphäre, in ihrer Diversität unübertroffen und weitaus älter als die Menschheit und sogar die Säugetiere (zu denen wir gehören). Sie haben vor 400 Millionen Jahren das Fliegen erlernt und sind die ungeschlagenen Meister auf diesem Gebiet. Mit ihrer Anpassungsfähigkeit haben sie fast jeden Lebensraum auf diesem Planeten besiedelt. Die größte Diversität von Insekten findet sich in den Tropen, aber auch in Regionen wie dem Mittelmeer.
Die menschenbedingten Veränderungen und ihre Auswirkungen haben auch bei Insektenpopulationen tiefgreifende Veränderungen ausgelöst.
Die „globale Erwärmung“ ermöglicht es wärmeliebenden Arten, weiter in ehemals kältere Regionen vorzudringen und dort heimische Arten zu verdrängen. Dies ist in nicht nur in Deutschland ein zunehmendes Problem, denn diese Arten machen vor Ländergrenzen keinen Halt. Meine über lange Jahre erprobte Art der künstlerischen Annäherung an das Phänomen „Insekt“ ist eine photographische Darstellung als abstrakte, aus dem Lebenskontext gehobene Skulptur. Technisch ist dies meist mit
von Wissenschaftler:innen gesammelten, präparierten Exemplaren aus naturkundlichen Sammlungen möglich. Diese Möglichkeit nutze ich ausgiebig. Ebenso konnte ich an mehreren Expeditionen teilnehmen und Forschung vor Ort miterleben. Es ist also folgerichtig, bei der aquamediale eine solche Arbeit zu zeigen.
Bei der Konferenz mit der Natur im November 2024 in Lübben wurde ich von den wissenschaftlichen Vorträgen inspiriert.
Besonders in Hannelore Hochs Vortrag zur Biodiversität der Insekten blieb mir eine Passage haften : „… stellen Sie sich das Ganze mal aus der Perspektive der Insekten vor : Da fährt ein Kahn vorbei voller Proteine und Blut …“ Das erzeugte bei mir sofort das Bild eines Banketts mit vorbeifahrenden Torten und Kuchen. Deshalb möchte ich die in den Kähnen Vorbeigleitenden mit großformatigen Portraits von im Spreewald vorkommenden Steckmücken – direkt am Fließ platziert – an diese wichtigen Bewohner erinnern. Die Tiere werden nicht (nur) zur Schau gestellt, sondern sie blicken den Betrachter direkt an – als Subjekte.

Website: Bernhard Schurian
Instagram: Bernhard Schurian
Interview mit Bernhard Schurian von art-in-berlin

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